Christian Wulff sagte in seiner Erklärung, dass Deutschland einen Bundespräsident braucht, der bei einer großen Mehrheit Vertrauen genießt. Die letzten Tage und Wochen haben gezeigt, dass er das Vertrauen der Bevölkerung nicht mehr besitzt. Aus diesem Grund, erklärte Wulff, tritt er mit dem heutigen Tag vom Amt des Bundespräsidenten zurück, um den Weg für einen Nachfolger freizumachen. Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte gestern die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten beantragt und von einem Anfangsverdacht auf Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung gesprochen. Dieser Vorgang ist einmalig in der Bundesrepublik Deutschland. Mit diesem Rücktritt kann die Staatsanwaltschaft gegen Wulff ermitteln und muss nicht mehr auf den Immunitätsausschuss und das Votum des Deutschen Bundestages warten.
Untersuchungen der Staatsanwaltschaft sind keine Verurteilung!
Etwa 70% der von den Staatsanwaltschaften eingeleiteten Untersuchungen enden mit einer Einstellung des Verfahrens. Rechtlich ist gegen Wulff bisher kein konkretes Fehlverhalten bekannt geworden, damit ist die Aussicht auf eine Verfahrenseinstellung auch für Christian Wulff naheliegend. Die Aktivität der Staatsanwaltschaft Hannover hat jetzt allerdings zu einer Vorverurteilung geführt, die Wulff zum Rücktritt veranlasste. In seiner Rücktrittserklärung erwähnte Wulff auch noch einmal die Medien, die an dem Verlauf des Verfahrens maßgeblich beteiligt waren und sich in einer unangemessenen Weise auch gegen seine Frau gerichtet hatten.
Vom geliehenen Kleid bis zum Bobby-Car!
Die täglichen Berichte in den Zeitungen, mindestens drei Talk-Shows in der Woche zum Thema Wulff über mehrere Wochen und kleinkarierte Anschuldigungen hatten den Eindruck einer Treibjagd gegen den ersten Mann des Staates. Selbstverständlich hat Wulff auch Fehler gemacht und sich in einigen Situationen sogar dumm verhalten. Ob man damit allerdings ein derartiges Kesseltreiben mit oft lächerlichen Anschuldigungen begründen kann, ist schon sehr zweifelhaft.
Die Chronik Wulff in Stichworten
25. Oktober 2008
Privatkredit von Edith Geerkens über 500.000 Euro für ein Haus.
18. Februar 2010
Wulff sagt im Landtag in Hannover, dass es keine geschäftlichen Verbindungen zu Egon Geerkens gibt.
12. Dezember 2011
Wulff spricht dem Bild-Chefredakteur auf die Mailbox, um einen Bericht der Bildzeitung über den Hauskredit zu verschieben.
13. Dezember 2011
Bild ignoriert den Anruf und titelt mit der privaten Hausfinanzierung Wulff.
15. Dezember 2011
Wulff bedauert schriftlich, dass er den Kredit von Edith Geerkens verschwiegen hatte.
22. Dezember 2011
Wulff bedauert öffentlich die Irritationen und entschuldigt sich.
4. Januar 2012
In einem Fernsehinterview mit ARD und ZDF räumt Wulff schwere Fehler ein und kündigt eine Veröffentlichung aller Fragen und Antworten der Presse durch seine Anwälte an.
11. Januar 2012
Die Anwälte lehnen die Veröffentlichung des Fragenkatalogs wegen Verschwiegenheitspflicht ab.
13. Januar 2012
Der Fragenkatalog wird von Wulffs Anwälten veröffentlicht.
19. Januar 2012
Das Büro des von Wulff entlassenen Sprechers Glaeseker wird von der Staatsanwaltschaft durchsucht. Auch Eventmanager Schmidt und seine Partys geraten ins Visier.
8. Februar 2012
David Groenewold, dessen Filmunternehmen vom Land Niedersachsen eine Bürgschaft erhalten hatte, soll einen Aufenthalt Wulffs beim Oktoberfest in München gesponsert haben und einen Kurzurlaub in Westerland auf Sylt. Wulff gibt an, dass er den Hotelaufenthalt an Groenewold in bar erstattet hatte.
17. Februar 2012
Bundespräsident Christian Wulff tritt zurück nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover den Antrag auf Aufhebung der Immunität gestellt hatte.