Goldnachfrage in Indien

Erst neulich ging ich seit langem wieder einmal zur Generalversammlung einer kleinen, regionalen Genossenschaftsbank. Nachdem das Offizielle vorbei war und der gemütliche Teil begann kam ich ins Gespräch mit einigen Bankangestellten und anderen Genossenschaftern, welche einfache Kunden wie ich waren. Folgende beiden Themen konnte ich mehrmals an diesem Abend belauschen – wie entwickelt sich die Wirtschaft im Euroraum und wie weit sinkt der Goldpreis noch?

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die letzten Jahre ein wahrer Run auf Gold stattgefunden hatte, da der drohende Staatsbankrott Griechenlands und anderer Kandidaten wie ein Damokles Schwert über der Eurozone hing. Die Goldpreisentwicklung nach oben schien grenzenlos. Kaum berichten die unterschiedlichsten Medien nicht mehr unzählige Male am Tag darüber, scheint es niemanden mehr zu interessieren. Ist die Krise also gemeistert? Kann man jetzt sein Gold abstoßen? Besser doch jetzt, da ja der Goldkurs noch weiter sinken könnte? Eine nicht von der Hand zu weisende Tatsache ist, dass wir den niedrigsten Goldkurs der letzten drei Jahr haben. Nachdem ich einen interessanten Artikel im Alchemist über den indischen Goldmarkt gelesen habe möchte ich die wichtigsten Punkte davon kurz aufgreifen.

Der indische Goldmarkt

Schauen wir also über den eigenen Tellerrand hinaus. Der indische Goldmarkt ist für Außenstehende schwer zu verstehen. Ein paar beeindruckende Zahlen vorweg. Zwischen 2002 und 2012 hat Indien bzw. haben Inder und Inderinnen ca. 6.300 Tonnen Gold im Wert von 166 Milliarden US-Dollar gekauft. Der investierte Betrag hat sich aufgrund der Goldpreisentwicklung auf ca. 355 Milliarden US-Dollar verdoppelt. Die Mehrwertsteuer auf Gold wurde von der indischen Regierung im Jänner dieses Jahres um 50%, von 4% auf 6%, erhöht. Eigentlich möchte man nun meinen, dass Gold aufgrund der höheren Steuer teurer wurde bzw. wird. Dies ist jedoch aktuell nicht der Fall. Der momentan niedere Goldpreis ist dafür verantwortlich, dass Gold in Indien sogar um 4% günstiger wurde. Die Nachfrage nach Goldschmuck in Indien ist ungebremst hoch. Ganze 65% der gesamten indischen Goldimporte sind auf die Nachfrage nach Goldschmuck zurückzuführen. Der Goldschmuckbedarf ist unelastisch, d.h. aktuelle Marktsituationen beeinflussen die Nachfrage nicht. Elastische Goldinvestments spielen also in Indien noch eine untergeordnete Rolle.

Goldschmuck in Indien

Drei Faktoren sind für die konstante Nachfrage nach Goldschmuck in Indien verantwortlich. Dabei handelt es sich um folgende drei Faktoren:

• Die Zahl der Eheschließungen
• Die Zahl der Geburten
• Die Monsun Saison

Frauen über und über mit Gold behängt, wer kennt sie nicht diese Bilder aus zahlreichen Bollywood Filmen. Es ist tatsächlich so. Zur Hochzeit oder der Geburt eines Kindes bekommen Frauen Goldschmuck geschenkt. Diese Tradition ist mehr als 4.000 Jahre alt. Das Gold soll den Frauen Sicherheit bieten. Leider gibt es in Indien, kein mit unserem vergleichbaren, öffentliches soziales System. Stirbt der Ehemann oder lässt er sich von der Frau scheiden hätte sie ohne Gold keine finanzielle Versorgung. Das Gold ist in Indien in Frauenhand! Heuer werden geschätzte 10 Millionen Hochzeiten in Indien gefeiert. Je nach Stand werden bei einer Hochzeit zwischen 2.000 US-Dollar und 2 Millionen US-Dollar in Gold zwischen 20 und 2.000 g verschenkt.

Falls Sie sich also in nächster Zeit in Gesprächen über die Entwicklung des Goldmarktes widerfinden oder sich Gedanken darüber machen, können Sie die stabile Goldnachfrage in Indien mit einbeziehen. In welche Richtung sich der Kurs nun wirklich entwickelt ist aufgrund der zahlreichen Parametern schwer zu sagen. Es bleibt also spannend!

Quelle:

Alchemist Nr. 70, Seite 10/11, April 2013